Mit Bluetooth 5 wurde eine Weiterentwicklung der Bluetooth-Technologie noch für 2016 angekündigt. Das hat enorme Auswirkungen auf zukünftige Smartwatches.
Ohne Frage, Bluetooth ist eine der wichtigsten drahtlosen Übertragungstechnologien des 21. Jahrhundert. Aber der Übertragungsstandard, der nach dem dänischen König Harald Blauzahn benannt wurde, ist auch mittlerweile etwas in die Jahre gekommen. Wer heute an Bluetooth denkt, dem fallen Begriffe wie „geringe Reichweite“, „Akkufresser“ oder „langsame Übertragungsraten“ ein.
Seit Bluetooth 4 hat die Bluetooth Special Interest Group (SIG), die für die Weiterentwicklung des Standards verantwortlich zeichnet, zumindest das Energie-Problem halbwegs in den Griff bekommen. Mit Bluetooth Low Energy (LE) arbeiten mittlerweile die meisten Smartphones und Wearables. Auch wenn viele Devices mittlerweile WLAN-Module verbaut haben, bleibt Bluetooth der unangefochtene Platzhirsch im Bereich der Nah-Connectivity. User und Hersteller leiden darunter, denn es wird immer mehr Reichweite und Datentransfergeschwindigkeit gefordert.
Zeit, für die Bluetooth SIG zu reagieren. Am 16. Juni 2016 war es dann soweit. Auf einem Event in London wurde Bluetooth 5 angekündigt. Konkret bedeutet das doppelte Verbindungsgeschwindigkeit, vierfache Reichweite und 800 Prozent größere Datentransferkapazität.
Voraussetzung für die Nutzung von Bluetooth 5 sind natürlich neue Bluetooth Module, was im Umkehrschluss bedeutet, dass selbst heute aktuellste Devices nicht auf den neuen Standard aktualisiert werden können. Weil die Hersteller etwas Zeit zur Implementierung des neuen Standards benötigen, rechnet man Ende 2016/Anfang 2017 mit den ersten Bluetooth 5 fähigen Geräten. Relevant ist das vor allem für Smartphones, Lautsprecher, Kopfhörer, Kameras und natürlich für den Bereich „Internet der Dinge“. Aber besonders interessant wird der weiterentwickelte Standard für Smartwatches.
Bluetooth 5: Start des Gegentrends zur unabhängigen Smartwatch?
Mit der vierfachen Reichweite, doppelter Geschwindigkeit und mehr Datentransfervolumen wird Bluetooth 5 vor allem für Smartwatches, die ständig in Bewegung sind, interessant. Bisher hatte man sein Smartphone besser direkt in der Hosentasche, denn selbst wenn man nur die Etage wechselte oder sich in einen weiter entfernten Raum begab, war die Verbindung direkt unterbrochen. Mit der Verbesserung sollte man zumindest in den eigenen vier Wänden zukünftig immer connected sein, egal wo das Smartphone sich gerade befindet.
Darüber hinaus wird die Bedienung der Smartwatch über Sprachassistenten wie Siri oder OK Google deutlich schneller. Denn bisher muss jede Anfrage, die über das Mikrofon der Smartwatch eingesprochen wird, auf dem Smartphone verarbeitet werden. Wer also seine intelligente Uhr nach dem Wetter oder dem Verkehr fragt, löst eine Websuche auf dem Smartphone aus. Bisher steht die langsame Übertragungsgeschwindigkeit von Bluetooth 4 einer schnellen Verarbeitung dieser Suchanfragen im Wege. Deshalb verbauten Smartwatch-Hersteller mittlerweile auch WLAN-Module und umgehen somit den langsamen Bluetooth Standard.
Mit der Weiterentwicklung könnte Bluetooth 5 ein ernstzunehmender Konkurrent zum WLAN auf der Smartwatch werden. Zum einen macht es einfach Sinn, nicht zwei Verbindungsarten gleichzeitig zu aktivieren, denn das zieht am Ende nur doppelt Energie. Und da das Thema Akkulaufzeit sowieso ein Schwachpunkt bei fast jeder Smartwatch ist, hätte man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Zum anderen tut sich der Wifi Standard „HaLow“ momentan noch recht schwer, obwohl er im Prinzip das gleiche bewirkt wie Bluetooth Low Energy: Eine schnellere Erstverbindung zwischen den Devices und einen sehr geringen Energieverbrauch.
Bluetooth 5 könnte für einen weiteren Trend zum Spielverderber werden. Immer mehr Smartwatches mit eigenem Mobilfunk-Modul drängen derzeit auf den Markt. Samsung hat mit der Gear S2 den ersten Schritt gemacht, LG folgte kürzlich mit der LG Watch Urbane 2nd Edition 3G. So schön der Traum von einer Smartphone-unabhängigen Smartwatch auch ist, praktisch ist diese Lösung nicht immer. Sie bedeutet nämlich, dass man (zumindest in Deutschland) zwei SIM-Karten mit zwei Nummern benötigt. Das möchte am Ende kein Mensch. Bis eine Innovation wie AT&T Number Sync in Europa etabliert ist, dauert es voraussichtlich noch ein paar Jahre. Wenn mit Bluetooth 5 aber alles schneller, weiter, besser wird, sinkt gleichzeitig die Attraktivität von Smartwatches mit Mobilfunk-Modulen. Das könnte im Extremfall – und je nachdem wie gut Bluetooth 5 funktioniert – zu einem Gegentrend führen. Gerade in Europa ist man gegenüber bewährten Technologien ohnehin viel aufgeschlossener.
Sicher ist vor allem eins: Smartwatches werden enorm von Bluetooth 5 profitieren
Selbst wenn Smartwatch Hersteller aufs Ganze gehen und die drei Verbindungstechnologien WiFi, Bluetooth und Mobilfunk parallel in ihre Geräte verbauen, ist das ein enormer Fortschritt für die User. Ein gutes Beispiel dafür ist die Nutzung der Smartwatch im Fitness-Bereich.
Viele User klagen darüber, dass sie ihr Smartphone bei sportlichen Aktivitäten direkt am Körper führen müssen, damit die Verbindung zwischen Uhr und Telefon aufrecht erhalten wird. Mit Bluetooth 5 ist es zumindest möglich, sein Smartphone z.B. im Fitness-Studio in der Tasche zu verstauen und trotzdem Bluetooth Kopfhörer zu nutzen. Gleiches gilt für das entspannte Musikhören im Garten. Kein Mensch möchte ständig sein Smartphone im Hochsommer im Garten rumschleppen. Man lässt es auf dem Tisch liegen und möchte sich trotzdem frei bewegen können. Mit vierfacher Reichweite sollte das mit Bluetooth 5 kein großes Problem mehr sein, wenn man nicht gerade Besitzer einer Obstplantage ist.
Die Kombination aus Smartwatch, Smartphone und drittem Device, wie z.B. Bluetooth Kopfhörer, intelligentem Thermostat oder Fernseher wird eh immer wichtiger. Zwar bleibt das Smartphone die Verarbeitungsbasis in diesem Zusammenspiel, das Enddevice lässt sich aber auch auf größere Distanz und vor allem schneller über die Smartwatch bedienen. Und bekanntlich ist die Armbanduhr der Gegenstand, den die meisten Menschen jeden Tag, jede Sekunde bei sich tragen.
Wie schnell wird der Bluetooth 5 Standard im Massenmarkt durchgesetzt?
Schnell. Soviel steht fest. Denn alle beteiligten Parteien haben ein großes Eigeninteresse. Die Bluetooth Interessengemeinschaft möchte ihren Standard weiter pushen und von anderen Verbindungsarten abgrenzen. Da die Konkurrenz nicht schläft, muss eine Implementierung des Standards schnell gehen.
Das größte Interesse haben aber die Hersteller selbst. Die Konnektivität gehört zu den kritischen Erfolgsfaktoren jedes Wearables, sodass eine Weiterentwicklung neue Kaufargumente kreiert. Da alte Geräte nicht einfach aktualisiert werden können, wittern Hersteller hier sicher sehr schnell einen großen Absatzmarkt in der Zielgruppe der Schnelladpoter. Ein passender Kickoff wäre z.B. die Vorstellung des iPhone 7 im Herbst 2016. Hier könnte die große, globale Bühne für die Vorstellung des Standards genutzt werden.
Gerade für Wearables wie Smartwatches oder Fitnessarmbänder ist Bluetooth 5 ein großer Anreiz, sodass auch Verbraucher schnell neue Technik in neuen Geräten fordern werden, ähnlich wie das z.B. beim Bluetooth-Audio-Standard A2DP war.
Fazit: Bluetooth 5 kennt nur Gewinner
Die Ankündigung von Bluetooth 5 ist eine der wichtigsten Nachrichten für den Wearable-Markt 2016. Hier wird eine bewährte Technologie enorm verbessert und beflügelt damit nicht nur ein technisches Detail, sondern die Wahrnehmung des ganzen Geräts. Smartwatch Besitzer werden schnell den Eindruck gewinnen, dass mit Bluetooth 5 alles schneller und besser wird. So kennt die Weiterentwicklung am Ende nur Gewinner.